Am 25. März 1977 schrieb Lore Kasbauer in einer Wiener Tageszeitung:
„Mit einem letzten großen Luftspektakel werden sich morgen, Samstag, die Flieger und Fallschirmspringer von „ihrem Flugplatz“, Wien-Aspern, verabschieden. Montag sperrt er seine Pisten für immer. Die allerletzte Maschine startet Sonntag beim Autorennen – mit Blumen und Kreppbändern geschmückt, aber mit einer Träne an den Flügelspitzen.
Der Windsack flattert wohl noch fröhlich im Frühlingswind, doch ansonsten herrscht bereits in Aspern, seit 1912 traditionsreiches Nest der österreichischen Luftfahrt, Friedhofsstille.
Alle Proteste der „Asperner“ haben nichts genützt – sie müssen den Kollegen in den großen Verkehrsmaschinen weichen, die ab Herbst im Verlauf der neuen zweiten Schwechater Piste zu knapp an dem alten Fliegertreff im Norden Wiens vorbeibrummen werden.
Aber nicht nur die Flugzeuge haben ihr Heim in Aspern verloren – auch die Pachtverträge der drei Bauern, welche 200 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche des Flugplatzes bebaut haben, sind gelöst worden. Doch die Zukunft des Rasse- und Gebrauchshundevereins Lobau, der auf einem von den Mitgliedern eigenhändig liebevoll renovierten Gelände zweimal jährlich 70 Hunde abrichtet, ist gesichert: Er darf bleiben.
In Aspern selbst ist inzwischen seit Wochen die große Souvenierjagd nach alten Propellern und anderen Flugzeugteilen ausgebrochen. Vieles – Karten, Fotos, Instrumente – wird ins Luftfahrtarchiv wandern.
Nun wollen die Sportpiloten und Fallschirmspringer aber noch einmal zeigen, was alte Asperner Fliegerherrlichkeit bedeutet: Morgen, Samstag, bis Sonnenuntergang gibt es einen inoffiziellen Flugtag mit Vorführungen der Segel- und Motorflieger sowie den Fallschirmspringern – unter rotweißroter und schwarzer Fahne.
Das letzte Flugzeug wird in Aspern am Montag in der Pause zwischen Training und Rennen der Autosportveranstaltung verlassen. Mit Kreppbändern und Blumen geschmückt und mit sechs Fallschirmspringern an Bord, unter ihnen vier Mädchen. Dieses Sextett wird über dem Platz abspringen und Blumen über dem Publikum verstreuen.
Für den letzten Funkverkehr zwischen dieser Maschine und dem Tower von LOWA, wie die Funkkennung des Platzes lautete, haben sich schon rund 50 „trauernde Hinterbliebene“ angemeldet, die das letzte „Glück ab, gut Land“ auf Tonband verewigen wollen.
Das künftige Schicksal des Asperner Flugfeldes ist ungewiss. Gerüchte besagen, daß es das Bundesheer vorläufig einmal als Flakübungsgelände benützen wird.“
Es ist verständlich, dass sich viele Piloten nur schwer mit dem Verlust „ihres“ Platzes abfinden konnten. Es gab Proteste und auch eine Unterschriftenaktion, aber die Würfel waren bereits gefallen. Am Abend vor der endgültigen Schließung versammelten sich die Piloten noch einmal im Flughafenrestaurant. Die mitunter ausgelassene Stimmung, die hier sehr oft geherrscht hatte, wollte nicht so recht aufkommen. Nach letzten Eintragungen im Gedenkbuch des Flughafens Aspern wurde es für immer geschlossen. Am 31. März 1977 starteten die wenigen noch zurückgebliebenen Maschinen zu ihren neuen Standorten. Als Gustav Z. Holdosi, heute Präsident der Motorflugunion Klosterneuburg, damals „seinen“ Platz verließ:, konnte er noch nicht wissen, dass er 20 Jahre später noch einmal dorthin zurückkehren wird …